Hödlmayr urgiert schnellere Abläufe in der europäischen Bahnlogistik

Nach mehreren guten Jahren für die internationale Automobilindustrie tauchen dunkle Wolken am Himmel auf. Die Absatzzahlen der renommierten Hersteller sinken – auch wegen der neuen Strafzölle in den USA und in China. In Großbritannien trüben die ewigen Diskussionen über den Brexit die Stimmung und in Deutschland gerät der Exportmotor ins Stocken.

Johannes Hödlmayr, MBA, ist lange genug im Geschäft der Neufahrzeuglogistik tätig, um zu wissen, was das für seine Unternehmensgruppe mit etwa 1.900 Mitarbeitenden an 21 Standorten in 16 Ländern und rund 285 Mio. Euro Umsatz im Jahr 2018 bedeutet. „Unsere Branche steht vor einer neuen Tender-Lawine“, prognostiziert der CEO der Hödlmayr International AG, die 2019 das Jubiläum des 65-jährigen Bestehens feiert.

Als ob das für die Automobillogistikbranche nicht schon Herausforderung genug wäre, haben Audi, BMW und Mercedes-Benz neue Vorstandsvorsitzende ernannt. Alle drei Automobilhersteller befinden sich in einer Umbruchphase. Die Marke mit dem „Stern“ hat bereits drei Gewinnwarnungen für das Geschäftsjahr 2019 abgesetzt. Das nährt bei vielen Marktbeobachtern die Befürchtung auf einschneidende Kostensenkungsprogramme. Davon werden sämtliche Lieferanten betroffen sein, lautet ihre Einschätzung der Sachlage. Daher hat Johannes Hödlmayr sein Team bereits vorsorglich auf rauere Zeiten eingestellt. Seine Vertriebsspezialisten sind so viel unterwegs, wie schon lange nicht mehr.

Die Branche befinde sich in einer verzwickten Situation, reflektiert der Schwertberger Unternehmer, dessen Team 800 Fahrzeugtransporter und 12 Ganzzugsysteme disponiert und 1,1 Mio. m² Lagerfläche für 55.000 Pkw bewirtschaftet, im Gespräch mit der Österreichischen Verkehrszeitung. Demnach fehlen derzeit in ganz Europa ungefähr 150.000 Lkw-Fahrer und dieser Wert wird bis 2025 auf rund 200.000 freie Stellen anschwellen. Dazu kommen die angespannte Situation für den Lkw-Transitverkehr in Tirol und die von der Bundesregierung mit Wirkung ab 1. Jänner 2020 angekündigte Erhöhung des Road Pricing für Lkw mit Euro 6 Motorisierung in Österreich.

In Anbetracht dieser Tatsachen müssten die Preise der Fahrzeuglogistiker steigen. Doch es gibt ernsthafte Zweifel an der Umsetzbarkeit dieser These, begleitet von Empfehlungen zur Senkung der Aufwände. Eine Möglichkeit zur Kostensenkung böte den Fahrzeuglogistikern der Einsatz von Lkw mit LNG-Motoren. Aber diese Technologie steckt aus verschiedenen Gründen noch in den Kinderschuhen. So gibt es in Österreich aktuell gerade einmal zwei LNG-Tankstellen. Außerdem liegen die Anschaffungskosten für einen LNG-Lkw um 40.000 Euro über dem Vergleichswert einer Zugmaschine mit Dieselmotor. „Dieser finanzielle Mehraufwand lässt sich bei einer Laufleistung von 140.000 Kilometer per annum in einem Zeitraum von circa fünf Jahren hereinspielen“, rechnet Hödlmayr-Unternehmenssprecher Mag. Markus Formann vor.

Bleibt als größtes Handicap für die LNG-Trucks die Stellplatzkapazität für lediglich sieben Pkw, während ihre „Brüder“ mit Dieselantrieb pro Tour acht Fahrzeuge laden können. Dadurch steigen die Stückkosten je nach Modellbaureihe um 12-15 Prozent, und diesen Mehraufwand nimmt kein Automobilhersteller freiwillig in Kauf. Trotzdem steht die Nachhaltigkeit in der Transportlogistik ganz oben auf der Agenda der Hersteller. Auf der letzten „Automotive Logistics Conference“ in München drehte sich fast alles um dieses Thema, hält Johannes Hödlmayr im Rückblick fest. Er bestätigt das ernsthafte Bestreben der einzelnen Marken zu einer Verlagerung der Langstreckentransporte von der Straße auf die Schiene.

Doch auch hier spießt es sich, noch dazu wo in der Neuwagenlogistik der Leitspruch gilt, wonach Zeit Geld ist. Da spotte die derzeit in der Bandbreite von 22-24 km/h angesiedelte Durchschnittsgeschwindigkeit der Ganzzüge mit 20-22 Waggons, die von Rumänien nach Benelux via Deutschland unterwegs sind, jeder Kritik, warnt Johannes Hödlmayr. Die eingleisige Bahnstrecke nach Koper bezeichnet der Unternehmer als schlichtweg unakzeptabel für einen Seehafen mit einer derartigen Relevanz für die Automobilhersteller in Österreich, Ungarn, Slowakei, Tschechien und Süddeutschland. Da sei es in der Gesamtbetrachtung schon bemerkenswert, dass mehr als 50 Prozent der Langstreckentransporte von Neuwagen in Europa auf der Schiene laufen.

Bei Hödlmayr hat man für eine weitere Zunahme der Bahnlogistik vorgesorgt. Die meisten der firmeneigenen Verteilzentren verfügen über einen Gleisanschluss. Derzeit beträgt das Bahnaufkommen 150.000 Fahrzeuge oder knapp 9 Prozent der Gesamttransportleistung im Jahr. „Da geht noch einiges mehr, wenn die dringend notwendigen Adaptierungen und Modernisierungen im europäischen Schienennetz durchgeführt werden“, ist Johannes Hödlmayr überzeugt. Auch die Binnenschifffahrt, wo sein Unternehmen täglich den Transport von Ford-Neuwagen von Köln nach Neuss organisiert, bleibt auf seinem Radar. Das sei momentan fast schon so etwas wie eine Liebhaberei, der laufend Beeinträchtigungen hervorgerufen durch Niedrigwasser, Hochwasser oder die fehlende kluge Organisation bei den Reedereien drohten, relativiert der Unternehmer.

Vom Blickwinkel des Vertriebes aus betrachtet gerät 2019 für die Hödlmayr-Gruppe zu einem erfolgreichen Jahr. So trägt das Unternehmen neuerdings die Verantwortung für die logistische Abwicklung der Tesla-Modell-3-Automobile. Ausgehend von Zeebrugge in Belgien werden 14.000 Fahrzeuge in Belgien, Luxemburg, Österreich und Schweden verteilt. Das Team der rumänischen Tochtergesellschaft verantwortet seit kurzem einen Teil des Importvolumens von Toyota. Die jährliche Gesamtkapazität bei der Fahrzeuglagerung und Distribution beträgt 15.000 Einheiten. Dem gegenüber steht seit April die Transportlogistik für alle in Pitesti produzierten Dacia-Modelle für den deutschen Markt – das Volumen beläuft sich auf rund 22.000 Fahrzeuge pro Jahr.

Auf dem aktuell schwierigen Markt in der Türkei, wo der Autoabsatz von Jänner bis Juni 2019 im Vergleich zum Vorjahr um 49 Prozent eingebrochen ist, betreut Hödlmayr einen neuen High & Heavy-Auftrag. Dabei werden 5.000 Sattelzugmaschinen pro Jahr im Daimler-Werk in Aksaray übernommen, nach Triest verschifft und anschließend zu den Daimler-Compounds in Prag, Bratislava, Molsheim und Wörth zugestellt. Tragende Säule des durchgängigen Door-to-Door-Konzepts sind die für die Verladung der neuen Mercedes-GigaSpace-Zugmaschinen von Daimler zertifizierten High & Heavy-Lkw des Fahrzeuglogistikers, die pro Transport drei Sattelzugmaschinen befördern. Bisher wurden die Trucks auf eigener Achse in den Hafen Istanbul Derince verbracht.

Für BMW verteilt Hödlmayr von Schwertberg und Graz ausgehend rund 32.000 Fahrzeuge in der Region Central South/East Europe. Außerdem habe man bei Magna Steyr in Graz den Auftrag für die Transportlogistik von jährlich rund 12.000 Toyota-Sportwagen gewonnen, berichtet Johannes Hödlmayr. Für Renault übernimmt sein Unternehmen mit Wirkung ab 1. September 2019 die Lager- und Distributionslogistik für rund 30.000 Fahrzeuge im Jahr in Österreich und Ungarn. Das alles wird 2019 von einem Investitionsprogramm von bis zu 37 Mio. Euro begleitet, wovon 25 Mio. Euro in die Modernisierung und Erweiterung der Flotte und der Rest in den Ausbau der Lagerkapazitäten fließen.

JOACHIM HORVATH

Schreibe einen Kommentar

Translate »