Österreichische Post: Gelber Riese mit grünem Herzen

Die Pandemie hat den Umbau in der Paketlogistik erheblich beschleunigt: Ein deutlicher Zuwachs beim Onlinehandel sorgte für mehr Arbeit bei der Österreichischen Post AG. Diese begegnet den Anforderungen mit Investitionen und einem grüneren Weltbild. Post-Vorstand Peter Umundum beantwortet unsere Fragen.

Redaktion: Peter Nestler.

Der Weg war vorgezeichnet: Zusätzlich zum allgemeinen Anstieg im E-Commerce hat der Onlinehandel nach Ausbruch der Pandemie mit ihren beschränkenden Maßnahmen weltweit im Jahr 2020 stark zugenommen. Die Ausgaben der heimischen Konsumenten im so genannten Distanzhandels wurden auch im Vorjahr überwiegend vom E-Commerce getragen und erreichten 2020 mit 8,7 Mrd. Euro einen neuen Rekordwert. Von insgesamt 8 Mrd. Euro Online-Umsatz fallen bereits 1,2 Mrd. Euro auf den Mobile Commerce. Das bedeutete im Vorjahr einen massiven Zuwachs von plus 50 Prozent.

Diese Warenströme wollen auch an die Konsumenten gebracht werden. Branchenprimus Österreichische Post AG zeigt sich durchwegs vorbereitet. Als österreichischer Marktführer in der Paketlogistik hat das Unternehmen im Jahr 2020 insgesamt 166 Mio. Pakete transportiert – über 30 Prozent mehr als im Jahr zuvor (127 Mio. Pakete). Auch heuer für 2021 wird mit einem Mengenzuwachs im zweistelligen Prozentbereich gerechnet. Vorbereitung ist dabei alles. Und die Post ist gut vorbereitet auf das Mengenwachstum. Dafür sorgen Erweiterungen in der Logistik und strategische Partnerschaften beziehungsweise Kooperationen. Seit August 2019 stellt die Post unter anderem auch DHL-Pakete in Österreich zu. Allein das hat der Post noch einmal rund 20 Mio. Pakete mehr gebracht.

Das Briefgeschäft sei dagegen im Zuge der Digitalisierung weiter rückläufig, berichtet Peter Umundum, Vorstand Paket & Logistik bei der Österreichischen Post. Dennoch gebe es auch hier Bereiche, die sogar ein gewisses Wachstum aufweisen. So habe das Volumen an größeren Briefen im Zuge der steigenden E-Commerce-Aktivitäten in Österreich ebenfalls zulegen können.

Der österreichische Handel gehört bei diesen Wachstumstrends im Pakethandel nicht zu den Gewinnern. „Jedes zweite Paket kommt aus dem Ausland und die großen Internethändler haben auch pandemiebedingt ordentlich zugelegt“, weiß Peter Umundum Mit einer Österreichbrille betrachtet, habe der heimische Handel da durchwegs einigen Aufholbedarf, fügt er an. Die Post leistet mit dem Onlineportal shöpping ihren eigenen Anteil dazu. „Wir haben im vergangenen Jahr deutlich über 1000 Anbieter auf shöpping dazugewonnen. Somit sind dort nun insgesamt 1800 Händler und über 3 Millionen Produkte vertreten“, so Umundum. Das über das Portal generierte Umsatzvolumen habe sich 2020 verdreifacht.

Noch ist das 2017 gestartete Projekt der Post im Aufbau : „Wir verdienen derzeit noch nichts damit“ sagt Umundum. Es handle sich um ein klassisches skaliertes Geschäft, das weiteres Wachstum brauche, um für den Betreiber auch wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Somit müssen weitere Anbieter und auch Abnehmer dazukommen. Ein erfolgreicher Schritt sei die Kooperation mit der 7Ventures, dem Investment-Arm von Österreichs führender Privat-TV-Gruppe ProSieben Sat.1PULS4.

Für den Konzern insgesamt ist Umundum operativ sehr zuversichtlich, ein wirtschaftlich erfolgreiches Geschäftsjahr 2021 abliefern zu können. „Da hilft uns natürlich das Wachstum im Pakethandel im Zuge der Pandemie schon“, sagt Umundum. Gleiches gelte für die Auslandsbeteiligungen der Post, lässt er durchblicken. Eine Erweiterung der Geschäftsfelder sei für die Post derzeit nicht geplant, etwa komme ein Ausbau in den Bereich Supply Chains für die Post aktuell nicht infrage.

Dafür entwickelt die Post neue Modelle gemeinsam mit dem Handel in Österreich. 2020 wurde mit dm drogerie markt eine kombinierte Kommissionierung gestartet. Wenn Kunden beim dm drogerie markt online Produkte bestellen, bietet der Drogerie-händler die Abwicklung der Bestellung seinen Filialen an. Wurde das Paket in der Filiale kommissioniert, so erteilt die Filiale dann der Post einen Abholauftrag, diese holt das Paket in der Früh ab, bringt es in ein nahegelegenes Verteilzentrum und stellt es am nächsten Tag bereits zu.

Alles, was nicht in der Filiale kommissioniert wird, geht in die zentrale Kommissionierung, die die Post Systemlogistik für dm drogerie markt übernimmt. Der Vorteil für die Handelskette ist, dass durch dieses flexible Konzept Online-Bestellungen noch schneller abgewickelt werden und Leerläufe in den Filialen sinnvoll genutzt werden

Ein weiteres spannendes Projekt habe man gemeinsam mit dem Onlinehändler zalando entwickelt. Wenn dort online bestellt wird, gibt zalando die Kommissionierung der Ware teilweise an Handelspartner, die in Österreich sitzen, weiter. Im Grunde laufen diese Prozesse ähnlich ab wie mit dm drogerie markt, „aber sie sind etwas breiter gedacht, weil es ein größeres Produktspektrum und unterschiedliche Handelspartner gibt“, so Umundum. Das klinge einfach, habe aber durchaus seine Herausforderungen in der Mengensteuerung, weil man ja nie wisse, kommen da 10 Pakete daher, 100 oder 500“, beschreibt Umundum die Anforderungen an die Post als Logistikpartner. „Das sind schon Handelskonzepte, die auch für den österreichischen Handel Chancen für die Zukunft eröffnen. Es muss allerdings auch die IT im Zusammenspiel der Lagersysteme gut integriert und entwickelt sein, um mit den Systemen der Post zu harmonieren“, weiß Umundum.

Amazon wird zum Mitbewerber.
Internethandelsriese Amazon knabbert der Post allerdings in Österreich Teile dieses Kuchens wieder weg. Besonders in den Ballungszentren haben die Amerikaner begonnen, die Zustellung mittels eigener Logistik zu erledigen. Zuletzt wurden in Wien gleich zwei Verteilzentren in Betrieb genommen. Amazon ist nach wie vor einer unserer größten Kunden und wird das auch bleiben, davon gehe ich aus. Das Unternehmen wird aber zugleich auch Mitbewerber, nachdem er gerade seine Netze aufbaut“, sagt Umundum. Strategische Überlegungen? Betriebswirtschaftliches Kalkül? Was treibt Amazon bei diesen Überlegungen an? „Ich bin mir gar nicht sicher, ob Amazon da immer ganz genau rechnet“, meint Umundum.

Vielmehr gehe er davon aus, dass dies ein eher strategischer Zugang sei, der in der Konzernzentrale entschieden wurde. Die Eigenzustellung sei ganz einfach ein Trend, der vor einigen Jahren in den USA begonnen habe, dann in Großbritannien nachgezogen wurde und nun schön langsam auch auf andere Länder ausgerollt werde.

Gefährdet sei das Zustellvolumen der Post durch diesen Move von Amazon hin zur Eigenzustellung aber nicht, lässt Umundum durchblicken. Zum einen erledigen die Amazonen dieses Geschäft nur in Ballungsräumen selbst, wo dies einfacher möglich sei. Zum anderen sei so eine Entwicklung bei anderen Versandhändlern nicht absehbar. „Bei anderen großen Händlern sehe ich diese Entwicklung nicht. Die Otto-Gruppe hat Bemühungen in diese Richtungen mit Hermes ja damals nach zwei, drei Jahren wieder eingestellt“, so Umundum.

Anders als in den Auslandsmärkten der Post. So baue in der Türkei ein großer Händler gerade sein eigenes Versandnetz aus. Insgesamt hat die Post die zunehmenden Paketmengen (+30% zum Vorjahr) nach eigenen Angaben gut abgewickelt. „Wir sind im Jahr 2020 auf eine Erstzustellungsquote von 94 Prozent gekommen“, ist Umundum stolz. Das heißt, dass 94 Prozent der gelieferten Pakete beim ersten Zustellversuch tatsächlich an der Zieladresse abgegeben werden konnten. Immerhin konnte diese Quote damit gegenüber dem Vorjahr nochmals um 2,5 Prozentpunkte gesteigert werden.

Um diese Quote weiter hochzuhalten, überlegt sich die Post auch alternative Zustellmethoden. „Wir wollen die Erstzustellquote sukzessive weiter erhöhen“, lässt Umundum durchblicken. Im „Kampf gegen den gelben Zettel“ testet die Österreichische Post einen neuen Service – die Vorzimmer-Zustellung. In Kooperation mit der A1 Telekom Austria AG und Nuki Home Solutions GmbH wird Empfängern erstmals die Möglichkeit angeboten, Pakete auch bei Abwesenheit direkt in die eigenen vier Wände geliefert zu bekommen. „Wir haben sehr gute Vertrauenswerte in der Bevölkerung. Gerade deshalb haben wir auch bereits über 800.000 Abstellgenehmigungen österreichweit, mit der uns die Menschen bereits in ihren Garten oder etwa ihre Garage lassen, um ein Paket abzustellen.

Mit der Vorzimmer-Zustellung gehen wir hier einen Schritt weiter und stellen auch dort zuhause zu, wo eine Abstellgenehmigung nicht möglich ist“, erklärt der Post-Vorstand. Das Pilotprojekt mit 100 Test-Kunden in Wien, Graz und Niederösterreich findet im Zeitraum Juli bis Dezember statt. Dafür wird die Eingangs-tür der Sendungsempfänger mit einem „Nuki Smart Lock“ ausgestattet. Damit erhält der Zusteller die Berechtigung, die Wohnungstür mittels eines mobilen Gerätes zu öffnen. Eine Bodenmatte im Vorzimmer markiert den Platz, an dem das Paket abgestellt werden soll. Hat der Kunde zudem Smart Home Geräte von A1 installiert, kann er , die Zustellung live oder bis zu 72 Stunden im Nachhinein per Video nachverfolgen. Sollte eine Vorzimmer-Zustellung nicht möglich sein, kommt der normale Zustellprozess zur Anwendung – eine Abgabe in einer Post Empfangsbox, eine Hinterlegung in einer Filiale oder bei einem Post Partner. „Während die Erstzustellquote im ländlichen Raum gegen 100 Prozent geht, richtet sich diese neue Zustelllösung vor allem an Interessierte in städtischen Gebieten, wo die Rate noch darunter liegt,“ erklärt Umundum.

Logistikzentren massiv ausgebaut.
„Im Zuge unseres mehrjährigen Ausbauprogramms investieren wir rund eine halbe Milliarde Euro in den Ausbau unserer Logistikkapazitäten“, so der Post-Vorstand. „Allein bis 2022 schaffen wir damit zusätz-liche 30 Prozent an Sortierleistung.“ 2020 hat die Post insgesamt 143 Mio. Euro (CAPEX) investiert.“ Damit will das Unternehmen mit den zu-nehmenden Mengen Schritt halten und die eigene Leaderposition in Österreich absichern. Die Post als Konzern ist in acht Ländern tätig und das genannte Wachstum findet auch in den anderen Ländern in ähnlichem Ausmaß statt. „In der Türkei hat es sogar ein überdurchschnittliches Wachstum gegeben. Dort ist das Volumen der beförderten Pakete von ebenfalls rund 127 Mio. Paketen auf 188 Mio. angesprungen“, sagt Umundum.

Die neuen, größeren oder ausgebauten.
Logistikzentren der Post sind dabei strategisch über ganz Österreich verteilt. In Allhaming in Oberösterreich entsteht das derzeit modernste Logistikzentrum Österreichs. Die Post erweitert ihr seit 2014 bestehendes Paketzentrum im Bezirk Linz-Land um eine Grundstücksfläche von ca. 125.000 m², mehr als 700 bestehende Arbeitsplätze werden dadurch gesichert, mit Betriebsstart kommen 200 neue dazu.

Die Sorterleistung wird sich dann auf 33.000 Pakete pro Stunde belaufen – bisher waren es 10.500 pro Stunde. Garantiert wird dies durch den Einsatz hochmoderner Quergurtsorter. In Vomp wird inzwischen das Projekt Logistik-zentrum Tirol umgesetzt. Auf einer 100.000 m² großen Grundstücksfläche, von der rund 30.000 m² verbaut werden, entstehen ein Brief- und Paketzentrum mit integrierter Zustellbasis sowie Büroflächen für den Overhead. Investor dieses Projekts ist die Firma Derfeser – die Post investiert für Sortiermaschinen bis zu 25 Mio. Euro. Aus heutiger Sicht ist mit einer Inbetriebnahme im Herbst 2021 zu rechnen.

Schon früher wurde das Paketverteilzentrum in Wolfurt in Vorarlberg erweitert, auch damit werden 30 neue Arbeitsplätze geschaffen. Etwa 27 Mio. Euro nimmt die Post AG für diesen Ausbau in die Hand. Durch die Erweiterungen sowie Modernisierungen am insgesamt 40.000m² großen Standort, die während des laufenden Betriebes durchgeführt werden, erhöht sich die Verteilkapazität von 4.500 Paketen auf 8.000 Pakete pro Stunde. Die Fertigstellung ist im 4. Quartal 2021 geplant.

Ebenfalls neu in Betrieb genommen wurde im Vorjahr der erweiterte Standort in der Steiermark. Mit Juli 2020 hat das größte Paket-Logistik-zentrum der Österreichischen Post in Kalsdorf bei Graz seinen Betrieb aufgenommen. Auf dem fast 170.000 Quadratmeter großen Grundstück sorgen rund 370 Mitarbeiter für die Verteilung von Paketen. Außerdem erfolgt die Zustellung für den Großraum Graz von hier aus. Die Leistungsdaten des Paket-Logistikzentrums sprechen für sich: In der ersten Ausbaustufe ermöglichen die Anlagen eine Sortierleistung von 13.500 Paketen pro Stunde, dafür sorgt eine Förderanlage mit einer Gesamtlänge von rund zwei Kilometern.

Gelb wird grün.
Der zunehmenden Bodenversiegelung durch große, horizontal angelegte Produktionsanlagen begegnet die Post mit durchwegs ökologischem Antrieb: „Wir haben zum Beispiel gerade für den Standort in Allhaming zwar ein großes Grundstück verwertet, kommen aber dennoch auf eine Aufforstungsquote von 1,3“, ist Umundum stolz.

„Das Logistikzentrum in Allhaming soll auch in puncto Nachhaltigkeit ein Vorzeigeprojekt sein“, so Umundum. Dort setzt die Post insbesondere auf Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit. So wird am Dach des Logistikzentrums eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von rund 500 kWp installiert, die nicht nur das Zentrum, sondern auch die am Standort betriebene E-Flotte der Post versorgt. Für eine möglichst effiziente und nachhaltige An- und Abreise der Mitarbeiter wird ein betriebliches Mobilitätsmanagement umgesetzt, das Werksbusse, Fahrgemeinschaften, die Nutzung von Fahrrädern sowie Stellplätze mit Ladestationen für E-Autos und E-Bikes beherbergt. Die Grünflächen rund um das Logistikzentrum werden mit Fokus auf Biodiversität angelegt und umweltfreundlich bewirtschaftet. Am neuen Areal wird darüber hinaus ein Biotop angelegt, Nistkästen aufgehängt sowie Wildbienen angesiedelt. Zudem kommt die Post in Österreich bereits auf mehr als 20 Prozent des gesamten Fuhrparks mit E-Fahrzeugen. Man sieht: Die Post denkt und agiert durchaus nachhaltig. Die Post bleibt zwar weiterhin gelb, sie wird aber innerlich dennoch grüner. Neben dem Ausbau der Photovoltaikanlangen setze man auf einzelnen Standorten auf Biodiversität. In Wien beherbergt die Post sogar Bienenstöcke und unterstützt deren Lebensraum. Gelb wird also grün.

Bereits seit 2011 stellt die Österreichische Post alle Sendungen innerhalb Österreichs CO2-neutral zu und war damit Vorreiter unter den Postgesellschaften. Das nächste Ziel ist eine CO2-freie Zustellung bis zum Jahr 2030, was bedeutet, dass bis dahin auf der letzten Meile ausschließlich E-Fahrzeuge oder Fahrzeuge mit alternativen Antrieben im Einsatz sind. Dieses Ziel wird in der steirischen Landeshauptstadt schon deutlich früher erreicht – bereits ab September 2021 wird die gesamte Postzustellung in Graz emissionsfrei erfolgen. Dann werden auch Pakete im Stadtbereich Graz CO2-frei zugestellt. Gesamt werden dann in Graz rund 160 E-Fahrzeuge für die Post im Einsatz sein.

Post ist ein Jobmotor.
Durch die Ausweitungen der Kapazitäten gilt die Österreichische Post als der größte Jobmotor im Lande in der Logistikbranche. Der Mitarbeiter-Stand betrug am Ende des 1. Quartals im Geschäftsjahr 2021 insgesamt 17.917. Bei der Post läuft eine Joboffensive. Denn der Boom beim E-Commerce sowie die sich verändernden Ansprüche der Konsumenten bringen einen richtigen Job Aufschwung in der KEP-Branche. Als einer der renommiertesten Dienstleister in der Zustellbranche sucht die Österreichische Post, ob in der Zustellung, den Logistikzentren, den Filialen, aber auch in der IT und im Management. Ziel der wirtschaftlichen Anstrengungen der Post mit dem Ausbau von Logistikzentren und Zustellbasen, sei es, „immer stärker integriert zu operieren und zuzustellen“, verrät Umundum. (PN)

QUELLE: LOGISTIK express Ausgabe 3/2021

Translate »