Fit-for-55-Programm: „Ziel steht, aber Pfad zur Orientierung der Unternehmen fehlt“

 Europa soll bis 2050 klimaneutral werden. Damit dies gelingen kann, gibt die EU mit dem „Fit für 55“-Paket den entsprechenden Rahmen vor. Doch wie fit ist der Verkehr für die neuen EU-Ziele? Dieser Frage gingen hochrangige Experten bei einer Veranstaltung gestern Nachmittag in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) nach, zu der die WKÖ-Bundessparte Transport und Verkehr einlud. Für Gastgeber und Bundesspartenobmann Alexander Klacska stand dabei fest: „Nur das Ziel alleine vorzugeben ist zu wenig. Es ist eine Bringschuld der Politik, einen genauen Pfad vorzugeben, wie das Ziel erreicht werden kann. Ansonsten gibt es keine Planbarkeit.“

Zum Beispiel müssen sich Unternehmen, die in Wasserstoff investieren wollen, darauf verlassen können, dass auch ausreichend Energie für die Wasserstofferzeugung und eine entsprechende Tankinfrastruktur zur Verfügung steht. Taxiunternehmen wiederum, die in städtischen Gebieten bis 2025 nur noch mit E-Autos unterwegs sein sollen, benötigen dafür ausreichend Ladestationen. Dasselbe gelte für Busse, wie Fachverbandsobmann Martin Horvath ausführte, gerade im ländlichen Raum gebe es derzeit noch kaum Infrastruktur, um elektrisch betriebene Busse jederzeit wieder aufzuladen.

Barbara Thaler: EU-Parlament arbeitet an größtem Regelwerk seit Maastricht.
Das EU-Parlament arbeitet auch bereits an Pfaden, wie das Ziel, bis 2030 den Treibhausgas-Ausstoß um 55 Prozent zu senken, erreicht werden kann. „Das Fit-for-55-Programm ist das größte Regelwerk seit dem Vertrag von Maastricht. Wenn alles gut geht, sind die dafür notwendigen Klimaschutzgesetze im Juli 2023 fertig. Dann bleiben nur noch sechseinhalb Jahre für die Umsetzung“, bestätigt auch Barbara Thaler, EU-Abgeordnete (ÖVP) und Mitglied des Verkehrsausschusses im EU-Parlament, dass die Zeit drängt. Wichtig sei, dass die Wirtschaft miteinbezogen werde. „Viele Gesetzesvorschlägen zum European Green Deal, die uns vom Umweltausschuss vorgelegt werden, sind zwar green, doch auf den Deal scheint man mitunter zu vergessen. Hier ist mein Ziel, dass wir Anpassungen erreichen, bei denen die Wirtschaft als wichtiger Teil der Transformation gesehen wird“, so Thaler. Schließlich gehe es darum, Unternehmen und Bevölkerung dabei zu unterstützen, auf neue, klimaneutrale Technologien zu setzen. „Und dabei wird man den gesamten Blumenstrauß an Möglichkeiten brauchen“, betont Thaler.

Diese Ansicht teilten die übrigen Teilnehmer der Podiumsdiskussion, darunter Jürgen Roth von der eFuel-Alliance, Clemens Först, Vorstand der ÖBB Rail Cargo Group, Thomas Stiegmaier vom Flughafen Wien und Jürgen Schneider, Sektionschef im Klimaschutzministerium. Denn nur durch Diversifikation seien die CO2-Emissionsziele zu erreichen. Wann E-Mobilität und wann Wasserstoff oder eFuels am besten geeignet sind, entscheide dabei der Einsatzbereich. In der Luftfahrt etwa funktioniere E-Mobilität aufgrund des Gewichts der Batterien nicht, aber auch im Lkw-Schwerverkehr sind Alternativen wie Wasserstoff zielführender.

Die Wirtschaft brauche somit „Technologieneutralität, Transparenz, Planbarkeit und vor allem muss es zum Dialog mit uns kommen, die Betroffenen müssen in die Gestaltung der Rahmenbedingungen eingebunden werden“, fasst Klacska zusammen. Was es hingegen nicht braucht, sei eine Mehrfachbesteuerung: „Derzeit wird CO2 im Extremfall viermal besteuert: durch die neu eingeführte NoVa für Kleintransporter beim Kauf des Fahrzeugs, durch die kilometerabhängige Maut, die Mineralölsteuer und – hoffentlich nicht schon ab 1.7., sondern erst dann, wenn sich die Preissituation stabilisiert hat – durch die CO2-Bepreisung. Eine einmalige Steuer wäre hier bei weitem transparenter“, so Klacska. (PWK248/DFS)

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